BA Treptow-Köpenick
Abt. BauStadtUm
Stadtentwicklungsamt
StadtAL 07.11.2014
Pressemeldung
Bezirksamt Treptow-Köpenick setzt sich aktiv für den Erhalt der Denkmäler Riviera und Gesellschaftshaus ein
Sicherungsmaßnahmen werden in Ersatzvornahme durchgeführt
Angesichts wachsender Ungeduld der Bewohner und Bewohnerinnen Grünaus nimmt Be- zirksstadtrat Rainer Hölmer Stellung zu den Vorwürfen, das Bezirksamt unternehme nicht genug gegen den weiteren Verfall der historischen Ausflugslokale Riviera und Gesellschafts- haus in Grünau. In einem Schreiben der Bezirksverwaltung an den Ortsverein Grünau wird detailliert aufgeführt, welche Schritte bislang eingeleitet wurden, um den weiteren Verfall der denkmalgeschützten Bausubstanz aufzuhalten.
Der Bezirksstadtrat für Bauen, Stadtentwicklung und Umwelt dazu persönlich: „Ich kann den Unmut der Grünauerinnen und Grünauer verstehen. Seit Jahren passiert trotz anderslauten- der Ankündigungen auf den Grundstücken nichts und der Verfall geht einfach weiter. Ich möchte aber versichern, dass die Bezirksverwaltung alles tut, um den weiteren Verfall zu stoppen. Das ist kein leichtes Unterfangen, es kostet viel Kraft.“
Um bei beiden denkmalgeschützten Häusern, die sich im fremden Eigentum befinden, Siche- rungsmaßnahmen durchzuführen, sind umfangreiche logistische und fiskalische Vorberei- tungen durch das Bezirksamt durchzuführen. Der Verwaltungsaufwand und die bindenden personellen Kräfte sind sehr hoch.
Die vorläufigen Kosten für die bauliche Sicherung nach der ersten Anordnung (Dach, Ent- wässerung etc.) sind mit 40.000,00 € und die vorläufigen Kosten der Saaldeckensicherung sind mit 20.000,00€ veranschlagt. Das Bezirksamt hat sich allerdings aufgrund der Bedeu- tung der Denkmalkomplexe entschieden, diesen Einsatz zu leisten.
Sämtliche Maßnahmen müssen intensiv vorbereitet werden. Duldungsanordnungen zum Be- treten des Grundstücks und der Gebäude müssen zu den jeweiligen Terminen verfügt wer- den und dürfen erst nach einem inhaltlich bestimmten Verfahrensstand eingeleitet werden. Nur unter Beachtung dieser Vorgaben kann die nach der Ausführung zu erfolgende Forde- rung zur Erstattung der Kosten an die Eigentümerin erfolgreich sein.
Rainer Hölmer weiter: „Im Gegensatz zu einigen Darstellungen wurden insbesondere in den Jahren 2013/14 intensive Aktivitäten durch das Bezirksamt unternommen, die überdurch- schnittliche personelle und finanzielle Kapazitäten banden und binden. Diese Aktivitäten und Maßnahmen bedürfen zugleich auch entsprechende Verfahrensschritte, die wiederum Zeit- abläufe beinhalten. Vor diesem Hintergrund darf nicht unerwähnt bleiben, dass Sicherungs- anordnungen in Verbindung mit Ersatzvornahmen aufgrund des massiven Eingriffs in das Eigentum, ihrer rechtlichen Komplexität und der Bindung der personellen Kapazitäten ein äußerst selten eingesetztes Instrument der Denkmalbehörden ist. Des Weiteren wird aus den Ausführungen ersichtlich, was hier das Bezirksamt und insbesondere eine Denkmalbe- hörde mit einem Bestand von ca. 4500 Denkmalen, mit jährlich über 600 denkmalbefassten Verfahren und einem Personalbestand von momentan drei Mitarbeiter/innen leisten.“
Seit Jahren beklagt das Bezirksamt den stetigen Verfall der beiden denkmalgeschützten ehemaligen Ausflugslokale Riviera und Gesellschaftshaus in Grünau. Nachdem jahrelange Verhandlungen mit Vertretern der aktuellen Eigentümerin ergebnislos blieben, wurden vom Bezirksamt im letzten und diesem Jahr mehrere Sicherungsanordnungen erlassen.
Mit der ersten Sicherungsanordnung vom 25.04.2013 wurden die Eigentümerin der denk- malgeschützten Bausubstanz aufgefordert:
- Schließen sämtlicher Öffnungen.
- Die Dachentwässerung ist bei allen Gebäuden zu reparieren bzw. wiederherzustellen
- Die Dächer der Säle sind auf Dichtigkeit zu prüfen und zu reparieren. Dagegen legte der Rechtsbeistand der Eigentümerin alle denkbaren Rechtsmittel ein.In den Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz, das über zwei Instanzen geführt wurde (VG Berlin und OVG Berlin-Brandenburg), wurden die Regelungen der ersten Anordnung vollin- haltlich bestätigt.Im Hauptsacheverfahren hat das VG Berlin im Rahmen eines Ortstermins die Sicherungsan- ordnung für rechtmäßig beurteilt, allerdings mit Blick auf eine Sanierung des Denkmalen- sembles darauf hingewiesen, dass sich Eigentümer und Behörde wechselseitig in einer Blo- ckadesituation befinden. Deshalb regte das VG Berlin dringend eine Mediation vor dem Gü- terichter an. Auf den Einwand der Behörde, dass eine Mediation zur Sanierung nur sinnvoll ist, wenn die Sicherung des Denkmalensembles vorher gewährleistet ist, verpflichtete sich der Vertreter der Eigentümerin die einzelnen Regelungspunkte der Sicherungsanordnung zu erfüllen.Tatsächlich erfüllt wurde lediglich die Sicherung der Fenster gegen Vandalismus, allerdings auch nicht auf die in der mündlichen Verhandlung zugesagten Art und Weise. Nach Fristab- lauf entwickelte sich eine rege Kommunikation zwischen dem Rechtsbeistand der Eigentü- merin und dem Bezirksamt, in der die Erfüllung der weiteren Punkte der Sicherungsanord- nung, insbesondere das umgehende Anbringen der Dachrinnen samt Fallrohren, gefordert wurde.
Die Eigentümerin ließ durch Ihren Rechtsbeistand immer wieder bekunden, dass Sie gewillt sei, die Regelungen der Anordnung zu erfüllen. Diese Benachrichtigungen konnten durch das Bezirksamt nicht ignoriert werden. Das Bezirksamt musste abwarten, ob die Eigentüme- rin nunmehr die Sicherung ausführt. Das Bezirksamt setzte jedoch bis zum 15. 10. 2014 wie- derholt eine Frist.
Da nach Ablauf der oben aufgeführten Frist dem Bezirksamt keine Erkenntnisse vorlagen, dass die Eigentümerin den Regelungen der Anordnung nachkommt, hat das Bezirksamt die weiteren Maßnahmen zur Durchführung der Ersatzvornahme mit Datum vom 16.10.2014 eingeleitet. Für Bürger erste sichtbare Maßnamen werden nach dem gegenwärtigen Stand ab den 13.11. 2014 zu sehen sein, obgleich die Maßnahmen bereits ab den 16.10. 2014 eingeleitet sind.
Darüber hinaus wurde angesichts weiterer Erkenntnisse über den Zustand der Denkmalsub- stanz im Juli diesen Jahres eine zweite Anordnung zur Sicherung der Saaldecke im Denkmalkomplex Riviera verfügt.
Hintergrund: Zur Geschichte und Bedeutung der Denkmalkomplexe Riviera und Gesell- schaftshaus Grünau
Familien aus der Pfalz gründeten entlang der heutigen Regattastraße Mitte des 18. Jahrhun- derts den Ort Grünau. Erst im 19. Jahrhundert erfuhr der Ort durch den zunehmenden Aus- flugsverkehr einen Aufschwung. Entscheidend für seine Entwicklung war die Tatsache, dass sich der Rudersport in Preußen gesellschaftlich etablierte und die Gründung von Ruderverei- nen ausdrücklich gefördert wurde. Mit dieser Entwicklung entstanden entlang der Dahme zahl- reiche und architektonisch beeindruckende Bootshäuser. Neben dieser Entwicklung entdeck- ten die Berliner den Ort zunehmend als Ausflugsziel, so dass zahlreiche Ausflugsgaststätten entstanden. Die repräsentativsten baulichen Zeugnisse dieser Entwicklung sind uns mit den Gebäudekomplexen des Gesellschaftshauses Grünau und Riviera überliefert.
Das Gesellschaftshaus Grünau besteht aus zwei parallel angeordneten Ziegelbauten am Spreeufer, neben der Gaststätte Riviera. Wie diese belegen sie als Gebäude und mit ihrem umfangreichen Raumprogramm einen wesentlichen Aspekt des öffentlichen Lebens in der Epoche des Wilhelminismus. In einer Zeit wirtschaftlicher Prosperität gewann der Ausflugs- verkehr und die gehobene Gastronomie besondere Bedeutung für das öffentliche Leben als Ort gesellschaftlicher Zusammenkünfte. Das umfangreiche Raumprogramm bot einen Rah- men für unterschiedliche Ansprüche und Veranstaltungen. Die Ausstattung der Säle und Zimmer erfolgte in einer für die Bauzeit reichen und künstlerisch anspruchsvollen Weise mit Stuck und Gemälden. Damit belegt das Gesellschaftshaus das konventionelle Kunstver- ständnis des Wilhelminismus und die Möglichkeiten, die es für Raumausstattungen öffentli- cher Orte bot. Die Gebäude haben Bedeutung fürs Stadtbild, da sie einen wesentlichen Bau- typ und die Bedeutung des Dahmeufers für die städtebauliche und historische Entwicklung Grünaus dokumentieren.
Die Gaststätte Riviera wurde um 1895 als ein besonders reich ausgestattetes Lokal mit Saalbau errichtet, das gehobenen Ansprüchen des geselligen Zusammenseins genügte. Es ist damit ein historisches Zeugnis für eine Blütezeit Grünaus, das sich zu einem selbstbe- wussten und bevorzugten Vorort Berlins entwickelt hatte.
Noch heute sind vielen Berlinern diese prächtigen Ausflugsgasstätten bekannt.
U. Zeidler