OFFENER BRIEF an Herrn Bezirksbürgermeister Oliver Igel – Riviera und Gesellschaftshaus retten! | 05.11.2017

Die beiden Grünauer Vereine AG Ortsgestaltung im Ortsverein Grünau e.V. und Zukunft in Grünau e.V. haben dem Bezirksbürgermeister von Berlin Treptow-Köpenick Oliver Igel einen Brief geschrieben.
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AG Ortsgestaltung im Ortsverein Grünau e.V.
Zukunft Grünau e.V.

OFFENER BRIEF an Herrn Bezirksbürgermeister Oliver Igel
– Riviera und Gesellschaftshaus retten! –

Sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister Oliver Igel,

Berlin-Grünau, November 2017

wir, als die für ein lebenswertes Grünau engagierten Bürgerinitiativen, sehen mit großer Besorgnis, dass unser Stadtteil mit dem Verkauf des denkmalgeschützten Riviera- und Gesellschaftshaus- Ensembles an die Terragon GmbH, nicht nur seine Funktion als Ausflugs- und Erholungsort für Berlin, sondern auch sein weit darüber hinaus bekanntes Image als Riviera des Berliner Ostens unwiederbringlich verliert. Terragon zu gestatten, an diesem geschichtsträchtigen Ort eine Mega- Seniorenresidenzanlage zu bauen, wird weder dem historisch einzigartigen wertvollen Denkmalbestand noch dem sozialen und kulturellen Profil unseres Stadtteils gerecht, geschweige denn der Zukunftsfähigkeit unserer Region z. B. im Hinblick auf den wichtigen Tourismussektor.

Kritik üben wir in dieser Angelegenheit besonders an der Arbeit und den Entscheidungen Ihrer beteiligten Behörden wie folgt:
• Sie förderten den Verfall und öffneten der erfolgreichen Spekulation durch höchst ärgerliche jahrzehntelange Untätigkeit Tür und Tor.
• Sie verhandelten ausschließlich mit Terragon und schlossen bewusst andere potentielle Investoren, die eine breitere Nutzungsstruktur (u.a. Gastronomie, Wellness, Tagungsort, Hotel und Kultur) konzeptionell bedachten, aus.
• Sie genehmigten ohne plausiblen Grund schwerwiegende Fehler sowie Mängel zu Lasten der Stadtbildqualität in der Bauvoranfrage, s.w.u.
• Sie missachteten unser jahrelanges ehrenamtliches Engagement, indem wir und die Bürgerschaft von dem Entscheidungsprozess ausgeschlossen wurden.

Mit dem Terragon-Konzept Grünau verliert Grünau endgültig die Option, wieder einer der schönsten Erholungs- und Ausflugsorte Berlins zu sein!

Das Genehmigungsverfahren Ihres Bauamts zeichnet sich durch erhebliche Mängel und Fehler aus, d.h. die Bauvoranfrage hätte in dieser Form nicht genehmigt werden dürfen. Wir als Interessenvertreter für die Grünauer und Berliner Bürger fordern deshalb, diese Bauvoranfrage zumindest in Teilen zurückzuziehen und auf ein umweltverträgliches Maß zu korrigieren.
• Der positive Bescheid zur Bauvoranfrage genehmigt eine Massivbebauung mit 5-Geschossen, die den historischen Ortskern von Grünau in einem architektonisch und baurechtlich nicht vertretbaren Umfang verändert. Für ein derart massiv bebautes Residenzareal ist weder der historische Bezug vorhanden noch die Genehmigungsfähigkeit nach § 34 BauGB.
• Die Bauvoranfrage beruht auf einer fast vollständigen Aufgabe des Denkmalschutzes für diese über 120 Jahre alte und beliebte Ausflugs- und Erholungsanlage. Die Notwendigkeit der ohne Not erfolgten Aufhebung des Denkmalschutzes ist nicht gegeben und muss korrigiert werden.
• Die Bauvoranfrage weist eine Gaststätte trotz ausreichender Gartenflächen auf dem Wasser aus, für die jedoch alle Grundlagen (Genehmigungen) fehlen. Da praktisch keine Chance besteht, hierfür jemals eine Genehmigung zu erhalten, ist die Bauvoranfrage in diesem Punkt falsch. Eine Gartengaststätte muss in Verbindung mit der Fahrgastschiffsanlegestelle neben dem Riviera-Areal stehen und dort mit Wasserblick vorgesehen werden.
• Der geplante Uferweg führt in der Bauvoranfrage über ein privates Nachbargrundstück. Dafür wird der Grundstückbesitzer mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Zustimmung geben. Somit bleibt dieser Weg eine Sackgasse. Ein öffentlich begehbarer Weg benötigt jedoch die Rückführung zur Straße.
• Die unter Schutz stehende Platane im Riviera-Garten ist in der Bauvoranfrage erheblich zu klein dargestellt. Die jetzt vorgesehene Bebauung ist nurbei Beseitigung dieses Naturdenkmales realisierbar. Es ist gesetzwidrig, dieses Naturdenkmal einer intensiven Bebauung wegen zu opfern.
• Die geplanten hochpreisigen Appartements mit bis zu 130 m2 Wohnfläche sind nur für eine sehr wohlhabende Klientel finanzierbar. Grünauer Bürger dürften bis auf wenige Ausnahmen nicht dazu gehören.
• Die geplanten Service-Angebote wie Schwimmbecken, Sauna, Fitness etc. stehen nur der o.g. Klientel zur Verfügung. Selbst der ausgewiesene Uferweg ist als abschließbar geplant und damit öffentlich nur eingeschränkt nutzbar. Dies widerspricht allen öffentlichen Verlautbarungen Ihrer Behörden.

Sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister Igel, wir sind empört, dass unser von ca. 1.400 Unterschriften getragener Einwohnerantrag für den Erhalt der Denkmale Riviera und Gesellschaftshaus monatelang verschleppt sowie letztlich durch die klammheimliche Genehmigung der Bauvoranfrage verfahrensmäßig unterlaufen wurde. Völlig unverständlich ist für uns zudem, dass Ihr Bauamt mit der überraschenden Genehmigung der Bauvoranfrage, den exorbitant hohen Spekulationsgewinn für die Familie Erdem aktiv gefördert hat, und dies auf Kosten der Grünauer Zukunftsperspektiven und der Stadtbildqualität. Wir können nicht nachvollziehen, wie unter Ihrer SPD-geführten Verwaltung, solch eine aktive amtliche Mitwirkung für derart krass hohe Gewinne von untätigen Spekulanten praktiziert werden konnte, die gleichzeitig zu Lasten der Allgemeinheit geht.

Setzten Sie sich bitte für ein lebenswertes, vielfältiges und attraktives Grünau ein. Schalten Sie sich bitte unverzüglich korrigierend ein. Wir erwarten gerne Ihr Engagement für die Grünauer und Berliner Bürgerschaft und Ihre Stellungnahme zu unserer Kritik.

Mit besorgten Grüßen
AG Ortsgestaltung im Ortsverein Grünau e.V
Zukunft in Grünau e.V.

Dieser offene Brief wird auch der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen sowie weiteren Stellen zugeleitet.

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Offener Brief an Oliver Igel